Wieso sind Windenergieanlagen im Wald sinnvoll?
Der Wald bewegt
Wenn es um Bäume geht, werden auch die sonst eher nüchternen Deutschen emotional. Kaum etwas bewegt Menschen so sehr wie die Rodung eines Waldes. Die Rettung des Hambacher Forstes vor den Baggern des Energiekonzern RWE trieb 2019 so viele Menschen auf die Straße, dass der am Ende einknickte. „Hambi bleibt!“ wurde zum Siegesruf derjenigen, die für den Ausstieg aus der Kohleenergie und für mehr Klimaschutz demonstrierten.
Bäume fällen für die Energiewende – ein Widerspruch?
Doch was ist, wenn auch die Energiewende das Fällen von Bäumen erfordert? Die Bundesregierung hat die Länder verpflichtet, im Durchschnitt zwei Prozent ihrer Fläche bis 2030 für Windenergienutzung auszuweisen. Dieses Ziel zu erreichen wird vor allem in waldreichen Bundesländern kaum möglich sein, ohne auch Forstflächen zu nutzen. Doch auch hier kochen die Emotionen hoch, wenn Bäume für Windenergieanlagen fallen sollen.
Argumente für Wind im Wald gibt es einige: Moderne Windenergieanlagen reichen weit über die Baumkronen hinaus und arbeiten daher wirtschaftlich. Gleichzeitig ist es im Forst leichter, die notwendigen Abstände zur nächsten Siedlung einzuhalten. Oft können vorhandene Wirtschaftswege ausgebaut und genutzt werden. In den Genehmigungsverfahren werden naturschutzrechtliche Fragen, Wiederaufforstung und Brandschutz ausführlich berücksichtigt.
Wie viel Fläche braucht eine Windenergieanlage im Wald?
Gegner der Windenergie im Wald argumentieren oft mit dem Flächenverbrauch. Die Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind) hat nachgerechnet - und kommt auf niedrige Zahlen. Für jede Windenergieanlage im Wald müssen dauerhaft durchschnittlich 0,48 Hektar gerodet werden.
- 0,05 Hekter werden durch das Anlagenfundament versiegelt.
- 0,38 Hektar müssen als Kranstellfläche und den Kranausleger freigehalten werden.
- 0,16 Hektar umfassen vor allem die Wege im Wald, die über den gesamten Betriebszeitraum der Anlage auf Fahrzeugbreite ausgebaut bleiben müssen.
Damit ist die Fläche, die für ein Windrad im Wald benötigt wird, kleiner als ein Fußballfeld.
Laut Berechnungen der FA Wind belegten alle Ende 2023 in Deutschland installierten Windenergieanlagen eine Fläche von 1.185 Hektar. Eine Fläche dieser Größe wurde in der Vergangenheit etwa alle 20 Monate im Zuge der Braunkohleförderung in Deutschland abgebaggert.
Wind im Wald leistet einen wichtigen Beitrag zur Energiewende
Gleichzeitig leisten die Turbinen einen wichtigen Anteil zur Stromerzeugung: Laut FA Wind an Land waren 2023 in Deutschland 2.450 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von knapp sieben Gigawatt auf Waldflächen in Betrieb, meist im waldreichen Süden Deutschlands. Das sind etwa neun Prozent des gesamten deutschen Anlagenbestandes. Gleichzeitig stellen sie, weil vor allem moderne Anlagen im Wald stehen, mit einer elektrischen Gesamtleistung von 6.959 Megawatt (MW), elf Prozent der insgesamt installierten Windenergieleistung.
Der Wald leidet unter dem Klimawandel
Gleichzeitig ist der Wald in einem schlechten Zustand. Der Klimawandel macht den Bäumen zu schaffen. Sie leiden unter Hitze, Trockenheit und Insektenbefall. Mehr als mehr als 40 Prozent der Bäume zeigten 2023 eine deutliche Kronenverlichtung. Zwischen 2018 bis 2023 sind rund 300 Millionen Festmeter Schadholz angefallen, berechnete das Bundeslandwirtschaftsministerium. Gleichzeitig stieg in den vergangenen Jahren die Zahl der Waldbrände.
Pachtzahlungen und Ausgleichsflächen helfen beim Waldumbau
Wiederaufforstung und Waldumbau sind deshalb dringende Aufgaben der Waldbesitzer. Sie müssen Baumarten pflanzen, die besser mit Trockenheit und Hitze zurrechtkommen. Und hier kann die Windenergie einen Beitrag leisten: Zum einen mit regelmäßigen Pachtzahlungen für die Standorte der Anlagen, aber auch mit Wiederaufforstung nur vorübergehend gerodeter Flächen und Ausgleichsmaßnahmen, die gesetzlich vorgeschrieben sind. So können Biotope angelegt oder Wälder wieder naturnäher und damit klimaresistenter gestaltet werden.
Auch waldarme Bundesländer denken um
Die Chance, mit Hilfe der Windenergie den Umbau der Wälder zu fördern, lässt auch ein waldarmes Bundesland über mehr Wind im Wald nachdenken. Nur noch in Bremen, Hamburg, und Schleswig-Holstein sind Windparks in Wäldern nicht erlaubt. Auch wenn es, wie in Nordrhein-Westfalen oder Niedersachsen, Einschränkungen gibt, überwiegen offenbar die Argumente für Windenergie im Wald.