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Worum geht es?

Im Spannungsfeld

Die Bundesregierung fördert den Windenergie-Ausbau an Land, gleichzeitig wird die Landesverteidigung gestärkt. Es droht ein Zielkonflikt um Flächen.
Astrid Stork

Dass es um die Beziehung der Windenergie- Branche zum Militär schon einmal besser stand, kann Astrid Stork aus eigener Erfahrung bestätigen. Die seit 2011 für JUWI tätige Diplom- Geografin gehört zur Fachabteilung Projektentwicklungsexperten. Ihr komplexes Fachgebiet: Luftverkehr, Radar, Seismologie und Kennzeichnung. Und hierzu zählen neben Themen der zivilen Luftfahrt eben auch die militärischen Belange der Bundeswehr. „Der Umgang war früher kooperativer und lösungsorientierter“, sagt die Expertin. Seit Windenergie und Bundeswehr stärker um die gleichen Flächen konkurrieren, sei der Weg zur Lösung von Streitfragen deutlich schwieriger geworden. 

Dies belastet auch die Arbeit in der Arbeitsgemeinschaft „Bundeswehr und Windenergie an Land“. Das 2022 gegründete Gremium dient dem konstruktiven Fachaustausch zwischen der Bundeswehr, den Verbänden der Windenergie und den Länderministerien und der Arbeit an sachgerechten Lösungsmöglichkeiten. Astrid Stork vertritt hier die Interessen von JUWI und den Projektentwicklern. „Leider produziert das Gremium nicht immer die gewünschten tragfähigen Ergebnisse. Zu unterschiedlich sind oft die jeweiligen Belange. Auch das überragende öffentliche Interesse, das der Windbranche seit der letzten EEG-Novelle zugestanden wird und ihr bei vielen Belangen Vorrang einräumt, greift hier nicht in vollem Maße, da es lediglich zu einem nahezu gleichwertigen Interesse mit der Bundeswehr führt“, fasst Astrid Stork die Entwicklung und Komplexität der Gemengelage zusammen. 

Unkalkulierbares Planungsrisiko

Neben dem von politischen Zielbestimmungen geprägten Miteinander bereiten der Windenergie-Branche auch aktuelle politische Weichenstellungen Bauchschmerzen. Die geplante Aufnahme von stationären Luftverteidigungs-Radaren in § 18a des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) ist so ein Beispiel. Im schlimmsten Fall hätte das Gesetz zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich und zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2021/1187 den Ausbau der Windenergie ausgebremst. Denn um jede ihrer aktuell 18 bestehenden Luftverteidigungs-Radare setzt die Bundeswehr schon heute einen Prüfbereich mit einem Radius von 50 Kilometern an. Insgesamt geht es also um eine Fläche von 7.850 Quadratkilometern pro Luftverteidigungs- Radar. Für alle 18 entspricht dies gut einem Drittel der Gesamtfläche der Bundesrepublik Deutschland, die im Falle des § 18a für die Windenergie deutlich schwieriger beplanbar hätte werden können. Der Branche gelang es jedoch, der Politik die negativen Auswirkungen des Vorhabens für den Ausbau der Windenergie an Land zu verdeutlichen. § 18a wurde im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses gestrichen.

„Allein die Möglichkeit einer Störung der Luftverteidigungs- Radare hätte zu einer pauschalen und abschließenden Ablehnung eines Windenergie-Projektes führen können.“

Faktisch wäre eine negative Stellungnahme der Bundeswehr auf Grundlage von § 18a LuftVG abschließend gewesen. Ein Abwägungsspielraum der Genehmigungsbehörden und auch die Möglichkeit gutachterlicher Nachweisführung hätte nicht bestanden. „Allein bei JUWI wären bundesweit Projekte im Genehmigungsverfahren mit einer Leistung von mehr als 500 Megawatt dem Risiko einer pauschalen Ablehnung ausgesetzt gewesen, bei Projekten im Akquise- und Planungsbereich reden wir allein bei JUWI von einer Größenordnung im nahezu zweistelligen Gigawattbereich“, ordnet Astrid Stork die Dimensionen dieses Spannungsfeldes ein. 

Hubschrauber-Tiefflugtrassen

Aber nicht nur bei den militärischen Luftverteidigungs- Radaren droht der Windenergie die Verknappung an Flächen, auch bei den Tiefflugkorridoren für Hubschrauber verschärft sich der Interessenkonflikt. Denn wo vor einigen Jahren noch projektforcierende Einzelfallbetrachtungen mit einer interessengerechten Abwägung und Lösungssuche stattfanden, arbeitet die Bundeswehr nun mit restriktiveren Entscheidungsfindungen, was immer wieder dazu führt, dass Windparks nicht gebaut werden können.

„Erschwerend kommt hinzu, dass die konkrete Lage der Tiefflugstrecken oftmals nicht einmal den Behörden oder den planenden Kommunen bekannt ist und sich die Bundeswehr an Ausweisungsverfahren nicht immer konstruktiv beteiligt“, erläutert Stork. So werden zum Beispiel Windeignungs-Gebiete ausgewiesen, die dann durch eine bestehende oder teils wiederbelebte Hubschrauber-Tiefflugstrecke nicht bebaubar sind. In besonderem Maße hiervon betroffen sind Niedersachsen, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern. Dabei wäre das Verlegen der Strecken zugunsten von Vorrangflächen für die Windenergie grundsätzlich möglich, wie eine Prüfung der Bundeswehr für einige wenige Trassenbereiche zeigt.  

 

 

Militärflugplätze

Ein weiteres Spannungsfeld zeichnet sich um militärisch genutzte Flugplätze ab, genauer um die sogenannten Mindestführhöhen. Eine pauschale Anhebung der Mindestführhöhen, wie von der Windenergie-Branche vorgeschlagen, um moderne und leistungsfähige Windenergie-Anlagen in der Umgebung von Militärflugplätzen überhaupt zu ermöglichen, wird von der Bundeswehr nicht mitgetragen. 

„Wir sehen aber grundsätzlich die Möglichkeit zur Einigung, wenn neue Flugverfahren fliegerisch machbar sind und alle Parteien den Willen zur Zusammenarbeit erkennen lassen“, sagt Astrid Stork. „Grundsätzlich ließe sich dies im Einzelfall für jeden Fliegerhorst regeln.“ An Best-Practice-Beispielen aus der Vergangenheit mangelt es jedenfalls nicht. So konnte JUWI für die Windparks Veldenz-Gornhausen-Monzelfeld in Rheinland-Pfalz mit dem Fliegerhorst Büchel und in Simmerath mit dem Flugplatz Nörvenich eine individuelle Regelung treffen. Dort können die jeweiligen Fluglotsen im Tower über ein extra eingebautes Modul die Windräder bei Bedarf an- und abstellen. Das minimiert die Verschattung in der Darstellung des Radarsystems und ermöglicht weiterhin sichere Navigation.

 

Fotos: Airbus, NH Industries, Dirchl/iStock