Wie funktioniert eine Windenergie-Anlage?
Leistung und Wirkungsgrad
Als Wirkungsgrad oder Leistungsbeiwert einer Windenergie-Anlage wird das Verhältnis des erzeugten Stromes zur Strömungsenergie des Windes bezeichnet.
Nach einer physikalischen Gesetzmäßigkeit beträgt der theoretisch mögliche Wirkungsgrad einer frei umströmten Windturbine maximal 59,3% (Betzsches Gesetz). Moderne Windenergie-Anlagen erzielen Wirkungsgrade von 45 bis 50%.
Die ertragsstärksten Serienanlagen werden auf See errichtet (offshore). Sie haben derzeit einen Rotordurchmesser von bis zu 170 Metern und eine Nennleistung von bis zu 15 Megawatt (MW).
Die durchschnittliche Leistung der gegenwärtig in Deutschland an Land (onshore) aufgestellten Anlagen liegt zwischen 4 und 5 MW (2022). Die durchschnittliche Gesamthöhe liegt bei fast 200 Metern. Große Anlagen verfügen über eine Nennleistung von 6 MW.
Die Stromproduktion der durchschnittlichen Anlagen beträgt je nach Standortqualität zwischen 12 und 15 Mio. kWh pro Jahr. Dies entspricht dem Stromverbrauch von 3.000 bis 4.000 privaten Haushalten.
Die Energiebilanz moderner Windenergie-Anlagen ist ausgesprochen positiv: Sie erzeugen innerhalb weniger Monate die zu ihrer Herstellung und Errichtung benötigte Energie.
Konstruktion und Funktion einer Windkraftanlage
Aus einer Vielzahl unterschiedlicher Bauweisen haben sich Anfang der 80er-Jahre Windenergie-Anlagen mit horizontaler Drehachse und drei Rotorblättern durchgesetzt. Wie an den Tragflächen eines Flugzeuges erzeugt die Strömung des Windes an den aerodynamisch geformten Rotorblättern einen Auftrieb, der den Rotor in Drehbewegung versetzt.
Eine Windenergie-Anlage besteht im Wesentlichen aus folgenden Bauteilen:
Das Maschinenhaus – die Gondel, die Strom erzeugt
Das drehbar auf dem Turm gelagerte Maschinenhaus, das auch als Gondel bezeichnet wird, enthält alle mechanischen und elektrotechnischen Komponenten zur Umwandlung der Rotordrehung in elektrische Energie und wird automatisch der jeweiligen Windrichtung nachgeführt.
Hart am Wind – der Rotor
Am Maschinenhaus angebracht ist der Rotor. Die Rotorblätter werden aus glasfaserverstärktem Verbundwerkstoff hergestellt. Diese Bauweise bietet den Vorteil, dass die Blätter sowohl relativ leicht als auch dauerhaft fest und stabil sind. In den vergangenen Jahren wurden große Fortschritte bei der Entwicklung von Flügelprofilen mit hohem aerodynamischen Wirkungsgrad und geringen Schallemissionen erzielt.
Die Rotorblätter sind verstellbar, so dass die Luftanströmung aktiv beeinflusst werden kann (Pitch-Regelung). Computergesteuert wird der Blattanstellwinkel der jeweiligen Windgeschwindigkeit angepasst. Die Blattverstellung wird auch zum Stoppen der Anlage genutzt, indem die Blätter aus dem Wind gedreht werden.
Das Herzstück – der Generator
Bei den ersten Anlagen trieb der Rotor einen direkt mit dem Stromnetz gekoppelten Generator an. Neuere und alle getriebelosen Anlagen sind heute über einen Vollumrichter an das Netz angeschlossen. Das geschieht entweder über ein mehrstufiges Getriebe oder direkt. Am Markt sind sowohl Anlagen mit als auch ohne Getriebe erhältlich. Bei getriebelosen Anlagen kann auf schnell drehende und damit verschleißende Maschinenkomponenten verzichtet werden. Die in getriebelosen Anlagen eingesetzten Generatoren sind allerdings größer und schwerer als Turbinen, die nach Prinzip „Industriegenerator und Getriebe“ konstruiert sind.
Hoch hinaus – der Turm
Bei den Türmen moderner Windenergie-Anlagen, die bis zu 150 Meter hoch sein können, kommen unterschiedliche Konstruktionen zum Einsatz:
- Konische Stahlrohr- bzw. Spannbetontürme
- An Ort und Stelle betonierte Türme in Gleitschalbauweise
- Betontürme in Fertigteilbauweise
- Hybridtürme aus Beton- und Stahlteilen
- Selten: Gittertürme
- Erste Prototypen: Holztürme
Die Höhe der Türme richtet sich dabei vor allem nach dem Standort. An der Küste oder an starken Windstandorten im Binnenland sind niedrigere Türme ausreichend, weil dort der Wind auch in geringeren Höhen hohe Geschwindigkeiten erreicht und stabil weht. Anders sieht es am Im Wald oder an eher windschwachen Gegenden wie zum Beispiel in Bayern aus: Hier muss der Turm höher sein, um möglichst hohe und turbulenzfreie Strömungen zu nutzen. Große Turbulenzen bedeuten eine zusätzliche Belastung für die Rotorblätter sowie den gesamten Antriebsstrang.
Das Fundament – die Basis von allem
Damit die Anlagen nicht einsinken oder umfallen können, werden sie auf einem Fundament errichtet, das fest im Erdboden verankert wird. Die aus Beton und Stahl gebauten Fundamente werden mehrere Meter tief in das Erdreich eingelassen. Für eine Windenergieanlage mit einer Nabenhöhe von 140 Metern sind mehr als 80 Tonnen Stahl und mehr als 600 Kubikmeter Beton im Fundament nötig, um ihr einen sicheren Stand zu garantieren.
Die Steuerungstechnik – alles im Blick
Eine große Anzahl von Steuerungstechniken sind heute in einer modernen Anlage verteilt, über die der automatische Betrieb sowie die computergesteuerte Betriebsführung der Anlage erfolgt. Alle wesentlichen Bauteile wie der Generator, das Getriebe, das Hauptlager und die Rotorblätter werden von der Steuerungstechnik in Echtzeit überwacht. Bei Störungen erstellt die Anlage automatisch eine Fehlerdiagnose und übermittelt diese an das zuständige Wartungsunternehmen.
Einspeisung ins Stromnetz – der Mittelspannungstrafo
Windenergie-Anlagen produzieren elektrische Energie mit einer Spannung von 400 bis zu 1000 Volt. Diese Spannung wird je nach Hersteller durch einen Trafo am Fußpunkt der Anlage oder oben im Maschinenhaus auf Mittelspannung (10 - 30 KV) transformiert. Danach kann der Strom zur Übergabestation weitergeleitet, dokumentiert und in das öffentliche Stromnetz eingespeist werden.
Am Ende der Betriebszeit: Rückbau und Recycling
Am Ende ihrer Betriebszeit, die meist auf 20 Jahre ausgelegt ist, müssen Windenergieanlagen abgebaut werden. Anders als bei der Atomenergie entstehen hierbei keine gefährlichen Abfälle. Rund 90 Prozent der verwendeten Materialien können recycelt werden. Beton und Stahl aus den Türmen lassen sich ebenso weiter verwenden wie Kupfer aus Kabeln oder aufbereitetes Altöl.
Problematischer sind noch die Verbundstoffe, aus denen die Rotorblätter gefertigt werden und die noch nicht ohne weiteres recycelt werden können. Etliche Forschungsprojekte beschäftigen sich allerdings mit diesem Thema, untersuchen neue Methoden und Materialien. Erste recycelbare Rotorblätter kommen bereits als Prototypen zum Einsatz und Unternehmen erproben neue Recyclingmethoden. Erklärtes Ziel der Branche ist eine Zero-Waste-Windkraftanlage, deren Materialien komplett wiederverwendet werden können.